Mythos Schwäbische Alb
05.12.2019

„Lieber Gott, warum hast Du Ihm keinen Kumpel gebaut?“

Rock-Poet Walter F. Diet präsentiert seinen zweiten Schmöker: „Lovesongs in e-minor“

„Au Weiha“ - könnte die Zusammenfassung von rund 240 Seiten „Liebeslieder in e-moll“ lauten. Kult-Kneipier Walter Dieterle vom „Hirsch in Glems“ schreibt seine Kurzgeschichten über die Liebe aus der „sehr objektiven Sicht eines älteren Herrn“. In der röhrenden Prosa des Rock-Poeten. Samtweich und gereift wie ein steinalter Single Malt vor dem Kamin mit hochprozentigem Willi im Abgang. Die Pointen sind genial. Wer den spritzig-trockenen Humor von Walter F. Diet auf der Bühne kennt, braucht vor dieser Ankündigung keine Angst zu haben: „Liebe ist etwas Göttliches. Aber jede Liebe endet, verdammt nochmal, mit dem Tod. Und das ist einfach kein Happy End.“ 

Seit 40 Jahren ist der Metzinger als Musiker, Produzent, Texter, Komponist und in der „einmaligen Kulturkneipe in Glems“ unterwegs und er findet es sei an der Zeit, ein zweites Buch seinen männlichen Kollegen zu widmen: „Den Jungs, die angeblich keine Gefühle haben – stur und kalt. Lasst Euch nichts einreden. Wir reden vielleicht nicht so oft über die Liebe … aber wir fühlen.“ Statistisch gesehen liege das auf der Hand: 70 Prozent aller Alkoholiker sind Männer. Die Suizidrate liegt dreimal so hoch wie bei Frauen. „70 Prozent aller Trennungen gehen von Frauen aus“, zählt Walter Dieterle auf, „und wer hängt am Schluss in den Seilen?“

„Gefühlte 120 Prozent aller Liebeslieder wurden von Männern geschrieben“. Von Bob Dylan, David Gates, Clifford T. Ward, James Taylor, Neil Young, Pete Townshend, Philip Goodhand-Tait, Kent LaVoie, Paul Simon und Cat Stevens, Jim Croce, Don Schlitz, Murray Head oder Ralph McTell. Ganz viele von Walter F. Diet selbst. Die Lyrics dazu stehen der anregenden Bett-Lektüre (kaum eine Story über 8 Seiten) voran.

Ja anregend. Weil Dieterle so völlig klar das „Nichts“ definiert, das bleibt, wenn da was einfach weg ist was mal war. Die Weise, wie er Seelenzustände beschreibt. Frauen, die ihn umgarnt und Menschen, die ihn beeindruckt haben, ist schon etwas ganz Besonderes. Die Statements vorneweg sind eindeutig: „Deine Gründe mögen stichhaltig sein. Aber Du kotzt mich an“ – „Der andere sei einfach da. Das müsse er doch verstehen. Einen Scheißdreck muss er.“ Auf höchster Instanz lautet die Anklage: „Der Herr erschließe mir die Logik der Frau - Lieber Gott, warum hast Du Ihm keinen Kumpel gebaut?“

Der vierteilige (!) Fortsetzungs-Dialog mit dem Titel „Wir müssen reden“ ist aus der „Anstalt“. Denn „reden ist der Untergang jeglicher Beziehung“. Walter Dieterle schmankerlt von schottischen „Granaten“ und kurzhaarigen Ludern, 60jährigen Heimchen und ehemals scharfen Bräuten. Stories aus dem baren Leben und der Skatrunde nebenan. Weil man vieles einfach nicht erfinden kann.

„Ingrid“ ist die tiefgehende Reminiszenz an eine unschuldige Liebe zwischen Stuttgart und Metzingen. „Ihre Sprache war immer das Schweigen. Das sich in die Augen schauen und wissen – nicht reden, spüren!“ Dann war der Riese von einem Seemann einfach weg. Der altmodisch-romantische Spiegel einer Liebe, spröde wie Stahl.

„Natürlich bedeutet mir die Geschichte über meinen Vater viel“, sagt Autor Walter Dieterle, „aber eigentlich sind alle an irgendeinem Zeitpunkt in meinem Leben wichtig gewesen“. Autobiographisch sei irgendwie alles: „Leider hatte ich nicht so viele Frauen. Aber ich habe Freunde, denen die Geschichten passiert sind. Manchmal hab ich sie mir auch nur zurechtgelegt. Aber dann sind sie ja auch irgendwie autobiografisch. Und manche sind mir tatsächlich selbst passiert.“

Mit seinem Erstling „Tagebuch eines unbekannten Rockstars“ war Dieterle vor mehr als zehn Jahren auf musikalischer Lese Tour. Zusammen mit der Lehrerin Céline Landot zerrt Dieterle neuerlich am Content und an der Klampfe, ohne dass es beiden gelingt, sich verständlich zu machen. Wie auch – „Sie ist eine Frau und er ist einfach-gestrickt“. Termine und Bücher können angefragt oder abgerufen werden unter www.maybug.de

Datum

05.12.2019