Pfullinger Museen am Sonntag letztmals in dieser Saison geöffnet
Pfullinger Kirbemarkt am kommenden Sonntag
<link vor-ort pfullingen _blank>Pfullingen. Am 28. Oktober 2012 lädt der Pfullinger Gewerbe- und Handelsverein zum traditionellen Kirbemarkt ein. Mit dem Kirbemarkt endet jeweils auch die Museumssaison in Pfullingen für das Württembergische Trachtenmuseum, das Stadtgeschichtliche Museum, das Mühlenmuseum, die Neske-Bibliothek und die Ausstellung über das Leben im Kloster in der Klosterkirche.
Im Schlössle und in der Schlösslesscheuer, sowie im Trachtenmuseum fanden wieder zwei interessante <link erleben kultur-erfahren museen _blank>Sonderausstellungen statt.
„Nutzen Sie die Gelegenheit im Rahmen Ihres Besuchs des Kirbemarkts, sich noch diese ansprechende Sonderausstellungen anzuschauen", so Bürgermeister Rudolf Heß.
Im Trachtenmuseum zeigt der Schwäbische Albverein die Sonderausstellung „Aus Pfullinger Stuben". Der Titel der Pfullinger Kulturwege 2012 „Mensch sein in Pfullingen beinhaltet selbstverständlich auch „Leben" in Pfullingen.
So zeigt der Schwäbische Albverein mit einigen Möbelstücken, Kleidern, Wäsche, Familienbildern und sonstigen persönlichen Gegenständen, was in einer Familie zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg vorhanden war. Die Ausstellungsstücke stammen tatsächlich alle aus Pfullinger Familien und wurden im Laufe der Jahre dem Museum zur Aufbewahrung übergeben.
Die Gegenstände zeigen was den Einzelpersonen wichtig war, um es für spätere Generationen aufzuheben. Heute zum Beispiel trägt die junge Frau ihre Hochzeitsschuhe und Strümpfe anschließend zu verschiedenen Gelegenheiten oder sie verkauft die ganze Hochzeitskleidung. Wir zeigen Hochzeitsschuhe und -strümpfe die 100 Jahre gehütet und gepflegt wurden. Früher war es üblich Geburten, Todesfälle, Patenschaften aber auch wichtige Familien oder Weltereignisse in der Bibel festzuhalten. Wer wüsste noch dass die Ururahne vor 200 Jahren aus dem Remstal als Lehrerin nach Pfullingen gekommen war, wenn es nicht in ihrem Gesangbuch festgehalten wäre.
Aber auch die reiche Aussteuer der Großmutter oder ihre Kleider vermitteln eine Ahnung der wirtschaftlichen Situation, der handwerklichen Fertigkeiten der damaligen Hausfrauen und der Mode jener Zeit. Vermutlich können auch die älteren Pfullinger auf den Familienbildern das eine oder andere Gesicht ihrer Jugend erkennen.
Der Geschichtsverein Pfullingen hat im Stadtgeschichtlichen Museum die Ausstellung „Pfullinger Industrie- und Sozialgeschichte(n)" zusammengebracht.
Pfullinger Industriegeschichte(n): 1832 markiert den Beginn der Industrialisierung Pfullingens mit der Aufstellung der ersten Papiermaschine für endloses Papier in der Papierfabrik Laiblin. Die Sonderausstellung des Pfullinger Geschichtsvereins dokumentiert die Geschichte anhand der wichtigsten Betriebe des 19. und frühen 20igsten Jahrhunderts.
1835 errichtete der Ingenieur Wheatley, der Erbauer der Papiermaschine für Laiblin zusammen mit dem Reutlinger Jakob Schmid eine weitere Papierfabrik am „Seelengraben", wenige Gehminuten von Laiblin entfernt. Sie wurde 1842 von Hofrat Josef Krauß gekauft und „d' Kraußa Fabrik am Kraußa Buckel" genannt (heute Einmündung Kraußstraße/Klosterstraße). Sie blieb über 70 Jahre in Familienbesitz.
Die beiden Papierfabriken verursachten früh bis dahin nicht bekannte Umweltprobleme. Bames, Verfasser der Chronica von Reutlingen (1803 – 1874), stellt fest: „Durch die Papierfabriken wurden die Forellen in der Echaz vernichtet".
1852 zog die Textilindustrie nach. Albert August Knapp, jüngster Spross einer Reutlinger Manufakturwarenhandlung, gründete auf Initiative von Ferdinand von Steinbeis von der „Centralstelle für Gewerbe und Handel" in Stuttgart die Leinenzwirnerei AAK in der Hohe Straße am 5/8-Kanal der Echaz, die „Knappete". Wahrzeichen war der erste Fabrikschornstein Pfullingens, viereckig aus Tuffstein gemauert, und 70 Meter hoch.
1867 entstand wenige hundert Meter entfernt die erste Weberei bei der alten Gipsmühle. 1872 übernahmen die Brüder Adolf und Richard „Gebrüder Burkhardt" das Geschäft, das im Jahr 1911 mit über 700 Arbeiterinnen und Arbeitern zum größten Arbeitgeber in Pfullingen avancierte. 1927 wurde die bereits 1921 stillgelegte Papierfabrik Laiblin gekauft und als „Mittleres Werk" geführt.
1850 hatte bereits Theodor Klemm sen. eine Gerberei an der Mündung des Eierbachs in die Echaz eine Gerberei gegründet. Zum Anwesen Klemm umfasste auch das Schlössle und die zugehörige Wasserkraft. Klemm hatte eine besondere Gerbart erfunden, die er sich als Crown-Leder von der britischen Krone patentieren ließ.
1906 beginnt mit dem Kauf der Baumwollspinnerei Heinrich Finckh im Bereich der Lindachbrücke, heute Kurze Straße, die Produktion der Firma Gebrüder Wendler in Pfullingen. Am 12. März 1952 kam es zum bisher wohl schwersten Unglück in der Pfullinger Industriegeschichte. Sechs Tote und 18 Schwerverletzte forderte der Einsturz des Spinnereigebäudes.
1928 bis 1936 versuchte ein Außenseiter aus der Chemiebranche eine Nikotinproduktion in der Kunstmühlestraße aufzubauen. Kaufmann Carl Lutz kämpfte mit seiner Nikotinfabrik jedoch nicht nur gegen die Proteste der Anlieger. Sein misslungenes Unternehmen verursachte 1931 den Zusammenbruch der Pfullinger Gewerbebank in dessen Folge sich Bankvorstand Emanuel Schweizer sich das Leben nahm.
In der Zeit zwischen 1960 und 1980 folgt der Niedergang der alten Industrien in Pfullingen.
Pfullinger Sozialgeschichte(n): Die industrielle Revolution verändert alles. Die Landwirtschaft verlor an Bedeutung. Mit dem Fabrikarbeiter entstand ein neuer Typus des Erwerbstätigen. Landwirtschaft wurde mehr und mehr zum Nebenerwerb. Oft wurden die Töchter sofort nach der Konfirmation, die mit dem Ende der Schulzeit zusammenfiel, in die Fabrik geschickt. Ihr Lohn wurde in den Familien dringend benötigt.
Die gesellschaftliche Wertehierarchie wurde von den neuen Arbeitsumständen zunächst noch nicht verändert. Nach wie vor galt das eigene Haus mit einer kleinen Landwirtschaft als erstrebenswertes Leitbild. Fabrikarbeiter ohne eigenes Haus, ohne Grund und Boden einen niedrigen Rang in der sozialen Hierarchie der kleinstädtischen Gemeinschaft ein.
Ein gesondertes Selbstbewusstsein der Arbeiterschaft, geschweige denn ein „proletarisches Klassenbewusstsein" im Sinne von Karl Marx, konnte sich in Pfullingen im Vergleich mit den industriellen Hochburgen an Rhein und Ruhr erst mit großer Verspätung entwickeln. So berichtete etwa bei der im März 1875 in Reutlingen stattfindenden Landesversammlung der Mitglieder der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Württembergs der Delegierte Renz aus Pfullingen von einer noch flauen Beteiligung der jungen Partei in der Echazstadt. Dies komme hauptsächlich daher, weil die Arbeiter in ihrer Mehrzahl „Eingeborene" und vom Kapital Abhängige seien. Dies habe sich auch bei der jüngsten Reichstagswahl gezeigt, indem Fabrikanten bestimmt hätten, wen ihre Arbeiter zu wählen hätten.
Um die Jahrhundertwende hatte sich das Eigenbewusstsein der Pfullinger Arbeiterschaft soweit entwickelt, dass sie in Abgrenzung zu den bestehenden „bürgerlichen" Vereinen begannen, eigene Vereine zu gründen: 1904 den Gesangverein „Eintracht" als Gegengründung der Arbeiter zum seit 1837 bestehenden „Liederkranz" der örtlichen Honoratioren. Vom 1862 gegründeten „Turnverein", der in der Zeit der Weimarer Republik ins Fahrwasser der Deutschnationalen geraten war, spaltete sich 1922 schließlich der „Turnerbund" der Arbeiter ab, der unter anderem das als „Proletenspiel" verschriene Fußballspiel pflegte.
In den letzten 200 Jahren haben höchst unterschiedliche Vereine das gesellschaftliche Leben der Stadt Pfullingen maßgeblich geprägt. Die Ausstellung zeigt beispielhaft am Zeitraum von 1919 bis 1924 die 22 Vereine, die damals bereits in Pfullingen aktiv waren (heute sind es 118 Vereine in Pfullingen.)
Das Begleitprogramm 2012 umfasste verschiedene Nachmittag- und Abendveranstaltungen mit interessanten Vorträgen und Begegnungen.
Im Klosterareal hat die Stadt Pfullingen im Jahr 2010 neue Präsentationen eröffnet: die Neske-Bibliothek, eine literarische Ausstellung zum Verlag Günther Neske. Sie ist Teil der literarischen Gedenkstätten des Landes Baden-Württemberg.
In der Klosterkirche wird die Geschichte der Pfullinger Klarissen und das „Leben hinter dem Sprechgitter" dargestellt. Eine multimediale Ausstellung mit dem Titel „Armut –Demut –Gehorsam, Die Welt der Pfullinger Klarissen 1250 – 1649".
Die Stadt Pfullingen lädt herzlich ein, den Pfullinger Museen einen Besuch abzustatten. Am 28. Oktober 2012 (Kirbemarkt) sind diese letztmals in der Saison von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Führungen sind außerhalb dieser Zeiten nach Voranmeldung (Tel. 07121/703-207) möglich.
