Mythos Schwäbische Alb
07.12.2020

Neue Ausgabe des Magazins Marktleben - Albgebäck

Albstollen der Bäckerei BeckaBeck; ©Marktleben

Zu Weihnachten die Alb schmecken.

In der Bäckerei BeckaBeck in Römerstein-Böhringen steht Geschmack an erster Stelle. Ihr Albstollen ist ein Weihnachtsgebäck, an dem sich exemplarisch zeigt, was gesunde Nahrung und gesundes Wirtschaften miteinander zu tun haben.

Heiner Beck steht an einem Dinkelfeld und streicht mit der Hand über die Ähren. Voller Aufmerksamkeit bricht er eine Ähre ab und zupft den Spelz von einem Korn. Nach dem trockenen Frühjahr hat sich das Getreide noch gut entwickelt.

Natürlichkeit ganzheitlich betrachtet

Für den Bäckermeister, Konditor und Inhaber der Bäckerei BeckaBeck, beginnt das Brotbacken nicht erst in der Backstube. Es beginnt mit dem Korn auf dem Feld, ja noch früher: mit dem Feld selbst. Die Corona-Pandemie ist für ihn das Ergebnis einer Lebens- und Wirtschaftsweise, die sich viel zu weit von der Natur entfernt hat. Mit seiner erfolgreichen Bäckerei zeigt er, dass es auch anders geht.

Gut drei Monate nach der Ernte werden die Rezepte in der Backstube auf das neue Mehl eingestellt. Denn drei Monate, so lernte es Heiner Beck bereits von seinem Vater, soll das Getreide lagern, drei Wochen das Mehl und drei Tage das Brot, um für Geschmack und Bekömmlichkeit das Beste zu erreichen.  Durch den Stress, den das Getreide durch das trockene Frühjahr hatte, ist seine Fähigkeit Wasser aufzunehmen nicht so hoch wie im letzten Jahr. Bei BeckaBeck nimmt man sich die Zeit, alles in Ruhe auf die jedes Jahr sich ändernden Bedingungen anzupassen.

Dabei würde ein Pülverchen genügen, um das Mehl gleichmäßig backtauglich zu machen. Bei der Masse der Brotwaren, die aus industriellen Produktionen kommen, ist das nicht unüblich, diese Mehlbehandlungsmittel zu verwenden.

„Wenn wir gesund bleiben wollen, benötigen wir eine Nahrung, die mit Sorgfalt angebaut und verarbeitet worden ist. Sonst fehlen die Abwehrstoffe dem Boden, der Frucht und unserem Körper“, darauf besteht der Bäckermeister. Dabei ist Heiner Beck kein Ideologe. Geschmack steht bei ihm an erster Stelle, Bio-Zertifizierungen erst an dritter. Am zweitwichtigsten ist ihm die Regionalität.

Regionalität bewährt sich

Als Heiner Beck 1991 die Bäckerei in Römerstein von seinem Vater übernahm, fand er nirgendwo mehr Dinkel, überall war das traditionelle Alb-Getreide von ertragreicheren Sorten verdrängt worden. Zusammen mit vier Landwirten der Genossenschaftsmühle in Römerstein begann er, den Dinkelanbau auf die Schwäbische Alb zurückzuholen. Und es zeigt sich: Mit gesundem Anbau, der Sorten verwendet, die zum Klima passen, der den Boden nicht auslaugt und die Insekten nicht vergiftet lässt sich sehr rentabel wirtschaften.

So erzählen viele Backwaren von  BeckaBeck eine Geschichte: Vom Anbau regionaler Getreide, von der Rekultivierung des Lichtkorn-Roggens, vom Mohn- und Kümmelanbau auf der Alb, von Bio-Kräutern, regionalen Zutaten aller Art und von hochkreativen Rezepten, die die Verwendung so mancher regionalen Zutat erst ermöglichen.

Geschichten von der Alb

Eine dieser Geschichten ist die des Albstollens. Der Stuttgarter Weihnachtsmarkt, bekannt als einer der schönsten Deutschlands, wollte ein für die Region typisches Produkt. Der Wunsch war eine willkommene Herausforderung für Heiner Beck, und er begann einen Weihnachtsstollen zu entwerfen, der ihm entsprach.

Breit ist die Palette der Stollen bei BeckaBeck: Da gibt es Zwetschgen-, Kirschen-, Nuss- und Butterstollen. Bereits von 14 Jahren hatte die Bäckerei den Höhlenstollen entwickelt, der vier Wochen in der Wimsener Höhle bei exakt gleichbleibendem Klima lagert. Für den Albstollen sollte dem Thema Regionalität nun die Krone aufgesetzt werden. Bei Weizen, Milch und Butter kein Problem, dazu Nüsse, Äpfel und Kirschen von unseren Streuobstwiesen, und sogar Zitronat und Orangeat fand Heiner Beck aus regionaler Produktion.

Aber Mandeln? Von der Alb? So weit sind wir noch nicht. Aber da der Stollen für Stuttgart sein sollte und im „Stuten-garten“ ja viel Hafer verfüttert wird, griff der Bäcker kurzerhand zu Haferflocken, kandierte und brach sie und erhielt so einen feinen Crunch, der in dem Stollen einen Teil der Mandeln ersetzt.

Die Krone des feinen Geschmacks

Die Süße erhält der Teig beim Albstollen durch Honig, den Landwirte auf der Alb nebenher produzieren ohne ihn aufwendig zu vermarkten. Heiner Beck nimmt ihnen den Honig ab und verbackt ihn in seiner Backstube. Verbene und Douglasiennadeln bringen eine filigrane Zitrusnote und der Kirsch- und Apfelsüßwein der Manufaktur Jörg Geiger, in dem das Obst bis zur Verarbeitung eingelegt wird, fügt weitere herrliche Aromen hinzu.

Seinen letzten Schliff erhält der Albstollen bei der Lagerung. Und wieder war es eine regionale Firma, Schwörer-Haus, die dazu die nötige Ausrüstung lieferte: In einem Aromatresor, einem umgebauten kleinen Fertighaus, ruht das Gebäck in dichten Süßweinaromen bis zum Verkauf.

Das Ergebnis zeigt genau die Back-Philosophie der Römersteiner Bäckerei: Wer diese ganze Geschichte nicht kennen würde, hätte trotzdem einen absolut außergewöhnlichen Stollen vor sich: allein aufgrund des Geschmacks. Obwohl alle Mehle bei BeckaBeck bio-zertifiziert sind, ist es der Albstollen nicht, denn für die Auswahl der Zutaten war eben der Geschmack das erste Kriterium.

Die Herkunft dieses Geschmacks aus der Sorgfalt in Anbau und Herstellung, aus der Stimmigkeit von regionalen Lieferketten und dem Einklang von Produktionsweise und Natur steht an zweiter und dritter Stelle. Und doch wäre dieser Geschmack ohne sie niemals zu erreichen. Und es ist der       Geschmack, der Menschen bewegt, solche Produkte zu kaufen und damit das zu schützen, was wir haben: unsere Natur, unsere Heimat, unsere Gesundheit.

www.beckabeck.de

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