Mythos Schwäbische Alb
20.06.2018

Wahrlich weltmeisterlich

65. Weltpflügermeisterschaft am 1. - 2. September 2018 auf dem Hofgut Einsiedel in Kirchentellinsfurt/Tübingen

„'54, '74, '90, 2010, ja so stimmen wir alle ein“, lautet der Hit der Sportfreunde Stiller, der erstmals bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2010 zu hören war. Hört man ihn heute, erinnert man sich mit Wehmut an einen Märchensommer zurück. Dieser kommt nun zurück ins Ländle.

2018 ist wieder ein Weltmeisterschaftsjahr – in Deutschland. Wie jetzt? Die WM findet doch in Kürze in Russland statt. Ja, aber Fußball ist eben nicht alles. Unmittelbar vor den Toren Stuttgarts, auf dem Hofgut Einsiedel in Kirchentellinsfurt bei Tübingen, findet am 1. und 2. September 2018 die 65. Weltpflügermeisterschaft statt. Zum vierten Mal in der Geschichte des Weltpflügens lädt Deutschland zum internationalen Kräftemessen ein: Nach 1958 in Hohenheim/Baden-Württemberg, 1978 in Wickstadt/Hessen und 1998 in Altheim/Bayern ist 2018 der Gutsbetrieb des Herzog von Württemberg, Hofgut Einsiedel in Kirchentellinsfurt/Baden-Württemberg, der Austragungsort des Großereignisses. Zum Wettbewerb reisen die weltbesten Leistungspflüger aus über 30 Ländern zum jährlich stattfindenden Berufswettkampf an, die sich in nationalen Vorentscheiden zum Treffen der Besten qualifizieren konnten. In zwei Disziplinen, dem Beet- und dem Drehpflügen (Pflugbauformen), können die Teilnehmer ihr Können und ihre Geschicklichkeit im Stoppel- und Graslandpflügen auf fremdem Terrain unter Beweis stellen.

Ein Blick zurück

„Es begann nicht mit Kain, sondern mit Abel! Landtechniker Abel hatte irgendwo in der britischen Provinz ein Wettpflügen gesehen und war begeistert. Solche Akkuratesse hatte er zuvor nicht gekannt. Er ergatterte sich die Pflugregeln und schickte sie seinem Freund Walter Feuerlein nach Ulm – der erkannte sofort, dass das der Schlüssel sein könnte. Mit so etwas könnte man junge Bauern für bessere Bodenbearbeitung be­geistern. Ein gutes Beispiel war noch immer besser gewesen als viele kluge Predigten.“ So die Überlieferung aus den 50ern über die Anfänge des Wettpflügens in Deutschland. Übersetzt aus der Welt des Fußballs könnte man für die anstehende Weltpflügermeisterschaft folgerichtig schließen: „Ploughing is coming home!“ Mit dem im Rahmenprogramm stattfindenden Landesentscheid im Pferdepflügen wird an die Ursprünge der Bodenbearbeitung mit Pferde- oder Ochsengespannen zurück erinnert. Umso faszinierender wird für alle Technikbegeisterten der eigentliche Wettbewerb mit zum Teil „getunten“ Pflügen und die Show der Sponsoren auf den Feldern.

Warum Leistungspflügen?

Pflügen, die traditionelle Form der Bodenbearbeitung beim planmäßigen Anbau von Nutzpflanzen,
sorgt seit Jahrtausenden für ein gutes Saatbeet. Über die reine Kulturmaßnahme hinaus entstanden in den vergangenen sechzig Jahren Wettbewerbe um das handwerkliche Geschick im Umgang mit dem Pflug. Das Leistungspflügen stellt dabei einen öffentlichen Wettbewerb um das beste Ergebnis beim Pflügen – der Königsdisziplin unter den landwirtschaftlichen Tätigkeiten – dar, bei der es vordergründig um das Ziehen gerader Furchen und das korrekte Wenden des Bodens geht. Neben der Schaffung messbarer und vergleichbarer Bewertungskriterien kommt den Wettbewerben des Leistungspflügens aber noch weitreichendere Bedeutung zu: sie sind Berufswettbewerb, landwirt­schaftliche Brauchtumspflege sowie Öffentlichkeits- und Imagearbeit zugleich. Die Leistungsschau der Landwirte soll neben dem Berufswettkampf auch dazu dienen, den Stellenwert der Landwirtschaft und der Bodenbearbeitung in der breiten Bevölkerung zu steigern und ein Verständnis für die ökonomischen und ökologischen Zusammenhänge in der Nahrungsmittelproduktion zu schaffen.

Der Wettbewerb

Sieht man beim Pflügen zu, so sieht alles recht einfach aus. Wer sich aber selbst einmal an den Pflug wagt, erkennt schnell, dass dieser Eindruck trügt. Der Pflug, der sich dreidimensional im Raum
bewegt – vorwärts, seitwärts, nach oben und in die Tiefe – reagiert auf jede feinste Einstellung und jede Bodenveränderung. In die Prüfungsaufgaben der Wettpflüger sind auf 0,2 Hektar so viele Schwierigkeiten hineingepackt, dass auch ein mehrere Hektar großer Acker nicht schwieriger zu pflügen wäre. Wir laden Sie herzlich ein, am ersten Septemberwochenende auf das Hofgut Einsiedel zu kommen, um mit uns den Auftakt des landwirtschaftlichen Herbstes zu feiern. Sie werden vom internationalen Flair und einem spannenden Wettbewerb beeindruckt sein.