Der Stoff der Jahre
Das Unternehmen HAUX feiert 2013 sein 160-jähriges Bestehen. Mit dem Blick auf seine Tradition verbindet Inhaber Fritz Haux Werte, die in die Zukunft weisen.
Es war damals im Klein-Venedig, der an die italienische Wasserstadt erinnernde Häuserzeile am Reutlinger Echazufer. Der Ururgroßvater von Fritz Haux erwarb hier ein Haus, in dem er seine Manchester- und Blaufärbefabrik gründete. So manche Entwicklung hat das Unternehmen seither genommen, hat sich von der Produktion zum Handel und von Cordwaren zu Aussteuer und Stoffen, dann zu Bekleidung und schließlich zu Heimtextilien und -ausstattung hin bewegt.
Geschichte inmitten einer selbstbewussten Stadt
Die Gründung einer Fabrik für Cordsamt-Stoffe vor 160 Jahren fällt mitten in den Aufstieg der industriellen Textilproduktion. Sie weist so hinein in die Geschichte Reutlingens, in der das Handwerk, und speziell das Handwerk im Bekleidungsbereich, eine große Rolle gespielt hat.
Die freie Reichsstadt Reutlingen hatte bereits im Jahre 1374 eine Regierung, Magistrat genannt, die ausschließlich aus gewählten Mitgliedern bestand. Eine demokratische Tradition also, die sich sehen lassen kann, und auf die die Reutlinger zurecht stolz sind. Besetzt war das Magistrat aus Mitgliedern der zwölf Handwerkerzünfte. Vier davon waren aus dem Textilbereich und von ihnen tat sich beim Einsetzen der Industrialisierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts besonders die Zunft der Gerber und Färber hervor.
Nachdem Napoleon der Freien Reichsstadt ihr Ende bereitet hatte, nahm die Macht der Zünfte ab. Ihre engen Regeln, wer was machen durfte und wer nicht, passten nicht zu den neu aufkommenden Methoden der maschinellen Produktion im indus-triellen Stil. Die Reutlinger, seit jeher als schaffig und innovativ bekannt, nutzen die Wasserkraft der Echaz – und ab 1859, nach dem Bau der Bahnlinie Plochingen-Reutlingen auch Kohle – und gründeten zahlreiche Textilfabriken, deren Gebäude entlang der Echaz und in der Oststadt noch heute Zeugnis dieser emporstrebenden Epoche geben.
160 Jahre HAUX
1853 gründete der aus Pflummern bei Ebingen stammende Christian Friedrich Haux seine Fabrik für Manchesterproduktion und Färberei an der Echaz. Das waren die Zeiten vor der Industrialisierung, als man zum Blaufärben von Stoffen die Harnsäure gewann, indem einige Männer den ganzen Tag lang Bier tranken. Daher der Ausdruck „Blau machen", der ja heute noch auch den weniger Fleißigen ein Begriff ist.
Es war auch die Zeit der Lohkästreppler. Sie stampften die Reste von Pflanzenmaterial, dessen Säure zum Gerben verwendet worden war, in Pressformen, um den so gefertigten „Lohkäs" als Brennmaterial verwenden zu können. Noch heute steht in der Pfenningstraße ein Haus, HAUX hat dort noch Lagerräume, in denen die Lohkästreppler tätig waren.
Es sind Geschichten wie diese, die für Fritz Haux zum einen den Charme vergangener Zeiten in Erinnerung rufen, zum anderen aber auch die enorme Entwicklung verdeutlichen, die unsere Gesellschaft in den letzten 160 Jahren gegangen ist. Und die Firma HAUX mit ihr. Während ein Enkel des Firmengründers der Färberei treu blieb, begann der andere einen Handel mit Aussteuer- und Konfektionswaren, aus dem das Modehaus Haux hervorging, das bis 2001 am Marktplatz stand, bevor sein Inhaber, Fritz Haux, sich in der Metzgerstraße zunächst auf Heimtextilien und dann auf ein großes Sortiment für Wohnkultur und Gastlichkeit spezialisierte.
Der Blick in die Zukunft
Wer sich bewusst ist, in einer so langen Tradition zu stehen, der schaut anders in die Zukunft, als das in unserer Zeit üblich ist, die über aktuelle Problematiken kaum hinaus blickt. Der Frage, wo wir in 160 Jahren stehen werden, wagt sich heute niemand zu stellen, kein Mensch kann das sagen. Dass aber vieles an unserem Wirtschafts- und Konsumverhalten keine langen Atem haben kann, das ist offensichtlich.
Wer Fritz Haux kennt, den wundert es nicht, dass er sich auch als Gemeinderat für die Zukunft seiner Stadt einsetzt, etwa mit einem Flächennutzungsplan-Antrag für das Echazufer. Wie seiner Familie vor vier Generationen ist ihm die Bedeutung des Flusses für die Stadt sehr bewusst.
Auch in seinem Sortiment ist Nachhaltigkeit immer wieder ein Thema. „Mir ist es wichtig, Produkte in meinem Sortiment zu haben, bei denen ich ein gutes Gewissen haben kann, bei denen ich weiß, wie sie produziert wurden und wo", betont Fritz Haux. So hat er sich bei Bettwaren auf zwei Firmen konzentriert, bei denen er die Fabriken kennt und weiß, dass die Federn für die Daunen nicht von lebenden Gänsen gerupft werden. Auch die Bettbezüge aus reiner Bio-Baumwolle der Bempflinger Marke cotonea finden sich in seinen Regalen in der Reutlinger Metzgerstraße.
„Mein Geschäft ist so, wie es ist, weil ich so bin, wie ich bin", sagt Fritz Haux. In Paris, Mailand, Frankfurt, Köln und Verona war HAUX unterwegs um Schönes, nachhaltig Produziertes und Originelles zu finden, und so sieht Fritz Haux voller Freude dem Weihnachtsgeschäft entgegen – und dann irgendwann auch der Weihnachtsgans, die er, wie jedes Jahr, auf dem Grill zubereitet.